Weitreichende Klarstellung durch OGH erreicht

Der Wohnungskäufer darf eine ihm zur Sicherung seines Mängelbehebungsanspruchs vom Verkäufer übergebene Bankgarantie zur Gänze abrufen, auch wenn der abgerufene Betrag den konkret erforderlichen Mängelbehebungsaufwand übersteigt.

Nach dem Kauf einer Neubauwohnung vom Bauträger stellte der Käufer bei Anschluss eines Zusatzofens am Kamin Verrauchungsprobleme fest. Aufgrund der fehlenden bzw. nicht ausreichenden Dimensionierung der Verbrennungsluftströmung verhängte die Behörde über diesen Kamin ein Heizverbot, von welchem neben der Wohnung des Käufers auch alle sonstigen, an diesem Kamin angeschlossenen Wohnungen betroffen waren. Bei vorliegendem Heizverbot handelte es sich um einen wesentlichen, jedoch behebbaren Mangel an den allgemeinen Teilen der Liegenschaft.

Der Bauträger erfüllte die ihm obliegenden Pflichten zur Mängel- bzw. Schadensbehebung trotz Aufforderung des Käufers nicht. Der Käufer nahm daher den durch die vereinbarte Bankgarantie sichergestellten Haftrücklass in Anspruch und machte so von seinem Zurückbehaltungsrecht an einem Teil des Kaufpreises Gebrauch.

Die in der Folge vom Bauträger in der Wohnung des Käufers durchgeführten Mängelbehebungsversuche erfolgten jedoch unzureichend. Die Aufhebung des Heizverbotes setzte auch eine Mängelbehebung am zu den allgemeinen Teilen des Hauses zugehörigen Kamin sowie an allen sonstigen, am selbigen Kamin angeschlossenen Wohnungen voraus. Eine solche Mängelbehebung lehnte der Bauträger jedoch unter Verweis auf eine erforderliche Gesamtlösung mit der Eigentümergemeinschaft ab.

Der Bauträger klagte den Käufer daraufhin auf Rückzahlung des Haftrücklasses bzw. Zahlung des restlichen Kaufpreises.

Das Erstgericht bejahte eine Rückzahlungsverpflichtung des Käufers für jenen Teil des Haftrücklasses, der die anteiligen Mängelbehebungskosten bezogen auf die Wohnung des Käufers überstieg. Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und wies die Berufung des Käufers mit der Begründung, das Zurückbehaltungsrecht wurde durch den Wohnungskäufer mangels Einrede bis zum Ende des Verfahrens erster Instanz nicht wirksam ausgeübt, ab.

Der OGH erkannte in seiner Entscheidung vom 30.1.2017 zu GZ 6 Ob 140/16f zu Recht:

  1. Der Wohnungskäufer übt durch Ziehen der Bankgarantie unter gleichzeitigem Begehren der Mängelbehebung sein Zurückbehaltungsrecht bereits konkludent aus.
  2. Der Wohnungskäufer darf bei einem behebbaren Mangel den gesamten Haftrücklass gegenüber dem die restliche Kaufpreiszahlung fordernden Bauträger bis zur vollständigen Mängelbehebung zurückbehalten (abgesehen von bestimmten Ausnahmen).
  3. Der Bauträger kann sich aufgrund der Konsumenteneigenschaft des Wohnungskäufers nicht auf eine Bestimmung im Kaufvertrag berufen, wonach der Haftrücklass nur bis zur Höhe der tatsächlichen Behebungskosten zustehe und sich die Haftrücklassgarantie dadurch aliquot reduziere.

OGH 30.1.2017, 6 Ob 140/16f

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